Unser erstes Kind kam während des Studiums. Sprich: Elternzeit konnte ich mir keine nehmen (oder ich hätte ein ganzes Semester verlängern müssen) und fürs Elterngeld gab es immerhin den Mindestsatz von 300,- €/Monat. Gut geplant kam also das zweite Kind zu einem Zeitpunkt, an dem ich bereits einige Monate voll verdienend unterwegs war. Entsprechend höher erwarteten wir auch das Elterngeld. Schock und große Ärgernis dann aber, als ich auch dieses mal lediglich den Mindestsatz bekommen sollte, da die Berechnung des Elterngeldes nicht meinen richtigen Job, sondern meinen Nebenjob während es Studiums als Grundlage nahm. Arg! Was sollte das denn???
Mittlerweile ist das schon eine Weile her, so dass ich relativ lässig darüber schreiben kann. Zu dem damaligen Zeitpunkt hatte es mich aber sehr sehr geärgert und aufgeregt. Hier also ein paar Hinweise dazu, was man als Berufsanfänger beachten muss (bzw. worauf man gefasst sein muss), wenn man fest mit Elterngeld plant:
Ungünstige Elterngeldberechnung
Im Jahr 2012 war ich komplett Student und hatte neben meinem BAföG noch einen Nebenjob. Im April 2013 fing ich als Arbeitnehmer richtig an zu arbeiten. Im September 2013 kam unser Kind. Die normale Berechnung des Elterngeldes sieht vor, die 12 Monate vor Geburt des Kindes als Grundlage zu nehmen, wovon man 2/3 des Nettogehalts monatlich bekommen soll. Bei mir wären innerhalb der letzten 12 Monate also immerhin 5 volle Monate (April bis August 2013) komplett verdient mit in der Rechnung gewesen.
Anfang 2013 meldete ich zusätzlich ein Gewerbe (Nebenerwerb) bei der Stadt an. Soweit, sogut. Jetzt kam aber das Problem: Sobald man ein Gewerbe hat, wird für die Berechnung des Elterngeldes das vorherige Kalenderjahr (!) verwendet und nicht mehr die 12 Monate vor Geburt. In meinem Fall wurde somit das Jahr 2012 herangezogen, in dem ich wie gesagt lediglich BAföG Empfänger war und einen kleinen Nebenjob hatte. Somit wird schnell klar: Über die 300,- € Mindestsatz kam ich nur minimal hinaus. Immerhin wurden mir die 75,- € zusätzlich für das zweite Kind nicht genommen. Deutlich weniger als die erwarteten 2/3 des Nettogehalts war es allemal.
Hier mal als Grafik. Man sieht relativ gut, dass die Berechnung des Elterngeldes (orange) voll auf den Bereich meines Studiums (blau) fällt, obwohl ich ab April 2013 (grün) bereits gearbeitet hatte. Mit den 12 Monaten vor Geburt (gelb) hätte ich gut leben können. In hellblau sind die beiden Elternzeitmonate zu erkennen:
Telefonate und Widerspruch
Nun, so direkt wollte ich das nicht auf mir sitzen lassen. Also rief ich beim “Hessischen Amt für Versorgung und Soziales” an und ließ mich nach einer ersten Diskussion mit der Abteilungsleitung verbinden. Diese sagte mir, dass die Regelung des Elterngeldes klar im Gesetzestext hinterlegt ist. “Wäre es nur in den Richtlinien, könnte es ein Richter anders auslegen.” In meinem Fall ist es aber klare Sache. Die Abteilungsleiterin sagte auch, dass es ihr echt Leid tut und sie natürlich sieht, dass die Summe des Elterngeldes bei mir nicht realistisch zu meinem eigentlichen Gehalt ist, sie aber auch nichts tun kann. Einen Härtefall oder vergleichbares sieht das Elterngeld ebenfalls nicht vor. Ironisch lustig war auch der Kommentar, dass ich die Elternzeit ja auch einfach sein lassen könnte, zumal mein erster Elternmonat ja bereits bei Erhalt des Elterngeldbescheides vorbei war.
(Unter anderem kann diese Regelung für andere Fälle auch sehr positive Auswirkungen haben, beispielsweise: Mutter von dritten Kind hat ein Nebengewerbe immer nebenbei laufen lassen. Jetzt erfolgt die Berechnung mit Ausfallzeiträumen, wodurch ihr Elterngeld aber von VOR dem ersten Kind berechnet wird, was deutlich mehr ist, als wenn es die 12 Monate vor Geburt des dritten Kindes gewesen wären. Naja, toll, bringt mir aber nichts.)
Der Vollständigkeit halber habe ich dann noch schriftlichen Widerspruch eingelegt. Ich legte dar, dass es ja offensichtlich ist, dass die 300,- € nicht 2/3 meines Nettogehalts entsprechen. Und wenn zur Berechnung des Elterngeldes schon mein Jahr des Studiums herangezogen wird, dann soll wenigstens auch mein Stipendium und mein BAföG hinzugezogen werden, und nicht nur mein lächerlicher Nebenjob.
Der Widerspruch wurde erwartungsgemäß zurückgewiesen.
“Abweichend hiervon ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach § 2b Abs. 2 BEEG zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person im Bemessungszeitraum Einkommen aus selbstständiger Erwebstätigkeit hatte.”
“Eine Berücksichtigung der von im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geltend gemachten Einkünfte
- steuerfreies Stipendium
- BAföG
- Elterngeld für das erste Kind
sieht das Gesetz nicht vor.”
Tja. Dumm gelaufen. Und für uns in der Situation damals (zwei Kinder und noch ordentlich BAföG Schulden im Nacken) alles andere als lustig. Schließlich war ich der Meinung, dass es eher gut ist, Kinder zu bekommen, außerdem noch mehr als eins und das sogar in jungen Jahren.
Ich finde es gut, dass es Elternzeit und Elterngeld gibt. Mich hat der Staat mit seinen guten Ideen leider gleich zweimal fies getroffen: Beim ersten Kind war ich Student und konnte keine Elternzeit nehmen, beim zweiten Kind war ich endlich normaler Arbeitnehmer, aber mein Elterngeld wurde mir quasi verweigert. Na toll!
(By the way: Den zweiten Elternzeitmonat habe ich im 9. Lebensmonat des Kindes genommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich also über ein Jahr Arbeitnehmer. Da das Elterngeld aber das gleiche bleibt, habe ich auch in meinem zweiten Elternzeitmonat nur etwas über 300,- € Elterngeld bekommen.)
Fazit
Wir haben uns trotzdem dafür entschieden, Elternzeit zu machen. Sogar zwei mal einen ganzen Monat. Auf die nächsten Jahre gerechnet war es uns dann doch deutlich wichtiger, Zeit mit der jungen Familie zu verbringen, als auf ein paar Hundert Euro zu achten. Die Wut im Bauch ist mittlerweile auch gewichen. Etwas veräppelt fühle ich mich aber nach wie vor.
Ich hoffe, dass bei der Recherche nach Elterngeld für Berufsanfänger jemand auf diesen Text hier stößt und sich somit zumindest etwas besser darauf vorbereiten kann. Vor allem natürlich frische (Studiums-) Absolventen, welche genau in die gleiche Falle laufen könnten wie ich. Viel Erfolg.
© Titelbild by Mareike Weber – Weberwelten